Hand aufs Online-Herz! Wenn es um die Steigerung der Bekanntheit oder das Vertrauen in eine Marke geht, berücksichtigen im ersten Schritt nur wenige Content Strategien den nachhaltigen Aufbau einer Community. Warum ist das so? Das Netz bietet User*innen heute zahlreiche Möglichkeiten an, mit einer Brand in Kontakt zu treten: Sei es per Mail, einem Formular auf der Website oder über Messenger-Dienste, wie auf Facebook oder Instagram – die Optionen sind grenzenlos. Diese jedoch sinnvoll einzusetzen, überfordert viele und führt meist dazu, dass die Community kaum bis gar nicht aktiv von einer Marke betreut wird. Die Folge? Fans wandern ab, die Interaktionsrate sinkt und potenzielle Kundinnen holen sich Tipps und Ratschläge lieber bei der Konkurrenz.
In meinen Jahren als Online Marketing Leitung beim österreichischen Drogeriefachhändler BIPA konnte ich viele Erfahrungen in Sachen Community Management sammeln. Bevor ich darauf näher eingehe, erkläre ich aber noch kurz, worin der Unterschied zwischen Community Building und Management liegt. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. Beide sind jedoch unabhängig voneinander relevant, wenn es darum geht, eine Marke im Markt einzigartig zu positionieren. Julia Tanasic und Cordula Casaretto definieren die Begriffe in ihrem Buch „Digital Community Management: Communities erfolgreich aufbauen und das digitale Geschäft meistern“ wie folgt:
Unter Community Building werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die eine Gruppe von User*innen an eine Marke binden. Darunter fällt die Kommunikation von Inhalten, gemeinsame Ziele (ein aktuelles Beispiel: Tierschutzvolksbegehren) oder Anreize, wie Gewinnspiele, Rätsel oder Umfragen. Um nachhaltig eine Fanbase aufzubauen, benötigt es also ein ausgeklügeltes Konzept. Dazu aber später mehr.
Community Management beschreibt das aktive Moderieren und Organisieren von Online-Gruppen. Um den Fanaufbau stetig voranzutreiben und die Interaktionsrate hochzuhalten, ist es essenziell, laufend neue Anreize zum Austausch zwischen Brand und User*innen zu schaffen.
Bei BIPA war Community Management von Beginn an ein wesentlicher Teil meiner Arbeit. Anfangs operativ durfte ich mich später um die strategische Weiterentwicklung des Bereichs kümmern. Die wichtigsten Erkenntnisse während dieser Zeit habe ich hier zusammengefasst:
1. Finde heraus, wo deine Community mit dir in Kontakt tritt
Touchpoints, Touchpoints, Touchpoints! Egal, ob es sich um den Launch einer neuen Marke oder den Online-Auftritt einer bereits bekannten Brand handelt, eines fällt mir zunehmend auf: Unternehmen versuchen mit Biegen und Brechen in allen sozialen Netzwerken präsent zu sein. Dabei berücksichtigen sie aber nicht, ob sich ihre Zielgruppe überhaupt dort aufhält. Die Folge? Zahlreiche Social Channels, die weder mit Content bespielt noch aktiv im Community Management betreut werden. Rasch entsteht der Eindruck, dass die Marke online kaum aktiv ist und auch nicht auf Kundenanfragen reagiert.
Mein Tipp: Analysiere das Onlineverhalten deiner User*innen. Wo interagieren sie am meisten mit deiner Marke? Basierend auf dem Ergebnis reduziere deinen Online-Auftritt auf die relevantesten Kanäle. Die Menge ist dabei nicht zuletzt von den Ressourcen abhängig, die du dafür freimachen kannst.
2. Der Ton macht die Musik
Vielleicht ist dir der Fachbegriff Brand Voice bekannt. Dieser definiert den Kommunikationsstil deiner Marke. Basierend auf den Markenwerten und den zuvor definierten Personas legen wir fest, wie die Marke spricht. Diese Richtlinien sind wichtig, um eine klare Stimme zu kreieren. Im besten Fall entsteht daraus sogar eine virtuelle Person, die es Nutzer*innen ermöglicht, eine emotionale Verbindung zur Marke aufzubauen.
Mein Tipp: Mir hat es in der Vergangenheit immer geholfen, neben der Brand Voice auch „Do’s and Dont’s“ für das Community Management zu definieren. Konkret bedeutet das: Wir haben spezielle Formulierungen schriftlich festgehalten, die auf jeden bzw. auf keinem Fall verwendet werden dürfen. Das ist vor allem hilfreich, wenn das Community Management nicht nur bei einer Person liegt bzw. bei Urlaubsvertretungen oder Krankenständen von jemand anderem übernommen wird.
3. Vorsicht ist besser als Nachsicht
Nachdem ich schon mehrere große Kampagnen begleiten durfte, kommt dieser Tipp wirklich von Herzen, um Zeit und Nerven zu schonen. Bereite FAQs vor! Eines habe ich nämlich definitiv gelernt: Allgemeine Anfragen zu einem neuen Produkt, einer neuen Dienstleistung oder einem neuen Markenauftritt sind leicht zu beantworten. Schwierig wird es jedoch dann, wenn das, was kommuniziert wird, auf Kritik stößt. Und ehrlich: Das tut es doch meistens! Denn wo viele Personen aufeinandertreffen, finden sich meist auch unterschiedlichen Meinungen. Polarisierender Content ist per se nicht schlecht. Wir müssen nur lernen, wie wir bestmöglich damit umgehen, um einen Shitstorm (zu deutsch: eine Flut an negativer Kritik) zu vermeiden.
Mein Tipp: Versuche schon im Vorfeld kritische Fragen herauszuarbeiten und eine für die Community zufriedenstellende Antwort darauf zu finden. Welche Informationen benötigst du dazu? Welche Personen, Abteilungen oder externe Dienstleister/Lieferanten, können dir bei der Beantwortung helfen? Oft ist es auch nützlich vorab zu definieren, ab welchem Zeitpunkt wer informiert wird, um eine reibungslose und vor allem rasche Beantwortung von Community-Fragen zu ermöglichen. FAQs sind ein „lebendes Dokument“ und wachsen mit jeder neuen Anfrage. Viele Redaktionstools bieten übrigens auch die Möglichkeit an, vorgefertigte Antworten als Vorlage zu hinterlegen. So hat man schnell die wichtigsten Botschaften griffbereit.
4. Austausch fördern
Wie eingangs erwähnt, ist ein Kommunikationskonzept essenziell, um den Austausch zwischen der Marke und ihrer Community am Laufen zu halten. Basierend auf der Content bzw. Social Media Strategie gibt es zahlreiche Optionen, um in einen Dialog mit den User*innen zu treten. Story-Tools, wie Umfragen, Votings oder Ratings schaffen mit einem Klick (oder Finger) visuelle Anreize, um direktes Feedback von den Nutzer*innen einzuholen. Aber auch Klassiker, wie Fragestellungen in Postings oder die spielerische Aufforderung zu Verlinkung hier und da kann den Austausch fördern.
Mein Tipp: Der Mix macht es aus. Nicht jede Option ist für jeden Kanal bzw. Zielgruppe geeignet. Beobachte, auf welche Incentives deine Community besonders reagiert und versuche daraus neue Ideen zu kreieren.
5. KPIs im Auge behalten
Last but definitely not least! Key Performance Indicators (kurz KPIs) geben Aufschluss darüber, wie die gesetzten Maßnahmen funktionieren. Auf das Community Management herunter gebrochen, sind Fanwachstum und Interaktionsrate mit Sicherheit die relevantesten Faktoren, die es zu beobachten gilt. Community Management kann jedoch auch dabei helfen, Unternehmensziele zu unterstützen, wie beispielsweise:
- Umsätze zu steigern
- Neue Produkte zu entwickeln
- Marktforschungen und Umfragen in der Zielgruppe durchzuführen
- Kosten von Customer Services zu reduzieren
- Neue Erlösmöglichkeiten zu schaffen, oder auch
- eigene Märkte zu stärken und neue zu erschließen.
Die Ziele einer Community sollen immer messbar sein – getreu dem Motto vom US-amerikanischen Ökonom Peter Drucker: „If you can’t measure it, you can’t improve it.“. Welche Indikatoren zur Erfolgsmessung herangezogen werden, ist jedoch von den Unternehmenszielen abhängig und somit für jede Marke anders zu betrachten.
Quellen: